16. August 2025
Predigt anlässlich des Abschieds von Pfr. Matthias Simon in den Ruhestand
Unsere Gemeindesekretärin meinte vor einiger Zeit: alle verlassen mich. Sie meinte die Mitarbeitenden. Zuerst unsere Gemeindepädagogin Karo Fitz, dann unsere Kantorin Wenying Wu, dann du! Ich widersprach. „Das stimmt nicht“ .Anett ist als neue Gemeindepädagogin dazugekommen, wir haben bald wieder einen neuen Kantor, Robert, unser Jugendpfarrer ist noch da, Norbert, unser Hausmeister, und Heike, die im Büro hilft und all die anderen und noch EINER! Wer denn noch, fragte Unsere Gemeindesekretärin. Doch einer ist noch – Gott – Ach der! meinte sie.
Ich glaube, unsere Gemeindesekretärin und viele andere Menschen rechnen mit Gott. Vielleicht nicht immer vordergründig und nicht in Form eines Mitarbeiters, der jetzt mal die Büro- oder Predigtarbeit abnimmt, aber grundsätzlich.
Grundsätzlich mit Gott rechnen – wie – nun das habe ich als Praktikant schon in einer der ersten Christenlehrestunden mit meiner damaligen Mentorin Renate erfahren. Es ging darum, mit den Kindern Gott zu suchen. Und Jakob, von dem wir erzählten, meinte einfach losgehen zu wollen. Wohin, wollte seine etwas altkluge Schwester Tina wissen. Naja, Gott suchen, war seine Antwort. Und so ging Jakob los und entdeckte allerhand: eine Maus, deren Spur durch die Wiese er folgte, und manches im Garten entdeckte, schließlich durch den Zaun kletterte und beim Nachbarn landete.
Als er zurückkam, fragte seine Schwester etwas spöttisch: Und hast Du Gott gefunden? Jakob antwortete: ich weiß nicht, aber morgen gehe ich wieder los.
Diese kleine Geschichte fand ich großartig und die Kinder waren auch gleich ganz motiviert rauszugehen und irgendetwas von Gott zu entdecken.
Wie ist Gott oder etwas von Gott zu entdecken? Nun ich glaube überall gibt es die Spuren, die gelegt sind. Spuren, Momente, die ich mitunter gar nicht gleich erfasse oder nicht vermute.
Nein es steht nicht von Gott mit Leuchtbuchstaben am Himmel geschrieben: Hier bin ich.
Gott erscheint eher in einer Art und Weise, die ich nicht gleich vermute.
Elija, der Prophet (der viel Schuld auf sich geladen hatte) stand schließlich am Eingang einer Höhle, in der er übernachten wollte. Da erscheint ihm der Ewige: ER im Sturme nicht - und nach dem Sturm ein Beben: ER im Beben nicht - und nach dem Beben ein Feuer: ER im Feuer nicht - aber nach dem Feuer eine Stimme verschwebenden Schweigens. So übersetz Martin Buber jenen Text über eine mögliche Erfahrung von Gottes Gegenwart.
Mitunter ist diese aber auch ganz anders und überraschend, wie auch in der jüdischen Bibel zu lesen ist:
Zu Abraham, der vor seinem Zelt in der Mittagshitze sitzt, kamen drei Fremde. Abraham bewirtete sie, weil es so Sitte war und seinem Verständnis von Gastfreundschaft entsprach. Und er selbst stand etwas hinter dem Tisch, wollte, dass sich seine Gäste ungestört stärken können.
Und da erzählt diese alte Mythe, dass in diesen Fremden und dem Verhalten von Abraham etwas von Gott sichtbar wurde. Da in diesem Augenblick, da sich Abraham dünn machte, nicht in den Vordergrund drängte, da konnte etwas von Gott durchscheinen.
Und so scheint etwas von Gott in unsere Welt hinein in solchen Momenten, mitunter durch andere Menschen.
Und das für mich nach wie vor überzeugendste Zeichen Gottes in dieser Welt, ist in Jesus aus Nazareth sichtbar geworden.
Hey, komm mit, sprach wohl einst Jesus zu jenen Fischern, die erschöpft, vielleicht enttäuscht über einen ausbleibenden Fischfang ihre Netzte flickten. Kommt mit mir, denn ich sehe doch, dass euch die erfolglose Arbeit keinen Spaß macht und euch nicht erfüllt. Und so gingen einige mit. Es waren meist jene, die nichts zu verlieren hatten.
So habe ich es einst Konfirmanden nahezubringen versucht. In solchen Momenten, in denen Menschen über das Morgen, über Ihr eigenes Tun, über mögliche Wege ins Nachdenken kommen und das Gefühl haben, irgendetwas muss passieren in meinem Leben, solche Momente, wie sie einst Jesus auslöste und womöglich noch immer auslöst, haben etwas mit Gott zu tun, glaube ich.
Ich selbst kann all diese Erfahrung aus eigenem Erleben gut teilen.
Es waren bei mir zufällige Begegnungen in den Bergen Bulgariens, die zu lebenslangen Freundschaften führten. Durch die Wendezeit und Dank dieser Freundschaften kam es bei mir zu entscheidenden beruflichen Veränderungen, zu Aufbrüchen und auch zu einem Gehalten sein.
So bin ich selbst ein Fan von Veränderungen geworden. Aufbrechen, Losgehen ist vielleicht der entscheidende Impuls für mein Christsein. Ohne Aufbruch wäre ich nicht hier.
Und in jedem Aufbruch sehe, mindestens ahne und glaube ich an die Spuren, die Gott legt.
Spuren Gottes sind für mich sichtbar geworden einst beim Überwinden von Mauern, in Begegnung mit dem Fremden in Tansania, im Unterwegssein mit Jugendlichen, im Feiern, Lachen, Singen, Schweigen in all den Gemeinden in denen ich Teil war.
Und so wünsche ich Ihnen/ Euch allen Ausschauhalten nach Spuren Gottes und wünsche meiner Kirche Mut zum Aufbruch: also nicht Festhalten an Privilegien, nicht zwanghaft Liturgien feiern, wenn Form und Inhalt nicht passen. Vielleicht etwas anderes probieren, mich von anderen inspirieren lassen, die Möglichkeiten des Miteinanders entdecken.
Darum steht hier auch der Kaugummiautomat. Da hatte uns die Hamburger Wohnzimmerkirche auf die Spur gebracht. Es muss vieles in unserer Kirche nicht sein, aber alles kann sein -und darüber sollten wir reden.
Jetzt soll Raum sein, ein paar Minuten miteinander zu reden über uns, die Welt, Gott, so dass wir vielleicht auf völlig neue Gedanken und Spuren Gottes stoßen.
Zufällige Impulse befinden sich in kleinen Kapseln, in denen sonst Kaugummis sind. Wer mag – ziehen, wir teilen aber auch gern aus.
Und es gibt nach ein paar Minuten keine Abfragen, keine Ergebnissicherung, wie das sonst Gemeindepädagogen vielleicht machen. Sie teilen/ Ihr teilt das, was Ihnen/ Euch einfällt miteinander. So segne Gott unser Miteinander. Amen.