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Predigt zu Hebräer 5,7-9
Erste Betrachtung über den Gehorsam:
Wer nicht hören kann, muss fühlen, so sagte sein Vater. Als die Polizei ihn nach dieser Klebeaktion nach Hause brachte.
Ach wenn er doch jetzt zuschlagen würde. Das würde schmerzen, aber der Schmerz verginge und alles wäre wieder gut. Aber nichts, kein Wort mehr seitdem, kein Blick, keine Regung, als wäre er Luft. Das ist viel schlimmer als alle anderen Strafen. Da trösten auch nicht die Worte der Mutter, da trösten nicht die Freunde und nicht die Freundliche Ermutigung von Herrn Kohlhas. Ja Herrn Kohlhas hätte er gern als Vater. Der kann immer zuhören. Der hat immer einen coolen Spruch, manchmal ist er sauer, das sagt er eindringlich, sogar schon mal fast Ohrenbetäubend – als sie den Flügel im Musikzimmer mit Hilfe einer Kehrschaufel in ein Cembalo verwandelt hatten. Da war was los! Ja, da war was los, es war auch blöd, aber es war ganz anders als jetzt mit seinem Vater. Eine Woche, sogar länger schon hat er mit Martin nicht mehr gesprochen, ist an ihm vorbei gegangen als wäre er Luft. Weil Martin nicht gehört hat, hört sein Vater nun auch nichts und sieht nichts, will nicht verstehen, warum sein Sohn das gemacht hat.
Wer nicht hören kann muss fühlen. Und du musst Gehorsam lernen, und nicht dir Rechte nehmen, die du nicht hast.
Das waren die letzten Worte.
Seitdem ist es still. Alles ist verstummt auch in Martin.
An Martin musste ich denken und dachte, wie viele Familien, Eltern wird es geben, die von ihren Kindern vor allem Gehorsam verlangen, Gehorsam gegenüber Autoritäten.
Zweite Betrachtung über den Gehorsam:
Gehorsam bis in den Tod – stand über mancher Traueranzeige so manches Soldaten im letzten Krieg.
Wohin das geführt hat, wissen wir: Zumindest blinder Gehorsam schaltet das Denken aus und Denken ist manchmal ganz schön anstrengend. Die Vorstufe von blindem Gehorsam ist, das faktische nicht mehr anzuerkennen, sondern das, was andere Autoritäten als das Notwendige erklären. Wenn ich etwas als Notwendig anerkenne, brauche ich die Fakten nicht mehr zu prüfen. Die Algorithmen in den sozialen Medien befördern das kräftig.
Und schnell ist man dabei die einen zu dämonisieren und sich selbst auf der richtigen Seite der Geschichte zu wähnen. Das hat ja schon mehrfach funktioniert.
Wenn ich Meinungen von anderen ungeprüft übernehme, gebe ich das eigene Denken, das eigene Abwägen und Prüfen auf. (Die jüdische Philosophin Hanna Ahrend hat das in Folge des Eichmannprozesses in ihrer Schrift „Die Banalität des Bösen“ vor Augen geführt) Stets sind wir in der Gefahr, nicht mehr zu denken, einfache Muster, Ideologien zu übernehmen. Gehorsam kann sehr bequem sein.
Dritte Betrachtung über den Gehorsam – die sich in unserm heutigen Predigttext aus dem Hebräerbrief finden lässt:
Und er hat in den Tagen seines irdischen Lebens Bitten und Flehen mit lautem Schreien und mit Tränen vor den gebracht, der ihn aus dem Tod erretten konnte; und er ist erhört worden, weil er Gott in Ehren hielt. 8 So hat er, obwohl er der Sohn war, doch an dem, was er litt, Gehorsam gelernt. 9 Und da er vollendet war, ist er für alle, die ihm gehorsam sind, der Urheber der ewigen Seligkeit geworden, 10 von Gott genannt ein Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks.
Ich höre diese Worte und vor allem jenes vom Gehorsam, was durch die Geschichte, auch meine eigene belastet ist.
Jesus, glaube ich, war wenn überhaupt das Wort „Gehorsam“ angebracht ist, eher hörend. Er war hörend auf Gott, d.h. stets nach Gottes Willen fragend. Und so dürfen wir auch nicht annehmen, dass Gott Jesus genötigt, gefügig gemacht hat durch Leiden. Es war die lebensbestimmende Entscheidung von Jesu selbst.
Was hat Jesus gelitten. Den Tod am Kreuz. Und: Jesus hat das Hören auf Gott gelernt, verinnerlicht, gelebt schlicht durch das alltägliche Leiden, das er zu ertragen hatte: die Anfeindungen vieler Pharisäer, der Hohn über seine Worte in seiner eigenen Heimatstadt in Nazareth bis hin zum Unverständnis in seiner eigenen Familie. Jesus litt am Leid anderer, dem Leid der Ausgestoßenen, der Aussätzigen, am Leid der Bettelarmen.
Er litt an der Gottlosigkeit – wir können auch sagen Sündhaftigkeit seines Volkes. Denn unter Sünde versteht man gottabgewandtes nur auf sich selbst bezogenes Leben.
Von Gott abgewandt leben, das gab und gibt es zu allen Zeiten. Nach jüdischem Brauch aber gibt es einen Tag im Jahr, an dem sich jedermann und jede Frau darauf besinnen soll, was schiefgelaufen ist: Jom Kipur, das ist der Tag des Versöhnungsfestes.
Das Schuldeingeständnis gehört nach jüdischem Verständnis zur Versöhnung zwingend hinzu. Am Jom Kipur, dem Versöhnungstag spricht man bis heute die Schuld aus. Ohne dieses Aussprechen, ohne Reue und ohne Versuch der Wiedergutmachung ist jedes Opfer sinnlos und nichts würde versöhnt, nichts würde heil werden.
Jesus – so die Botschaft unseres Briefabschnittes – hat nach dieser alten Ordnung quasi die Rolle des Priesters und die Rolle des Opfers gleichermaßen übernommen. (In die priesterliche Rolle zu sitzen zur Rechten und zur Linken Jesu, das möchten so manche – wir haben‘s im Evangelium gehört, was aber dazu gehört, hat Jesus vor Augen geführt)
Und als er vollendet war, ist er für alle, die ihm gehorsam sind, der Urheber des ewigen Heils geworden.
Folgen eines richtigen Gehorsams oder besser rechten Hörens:
Ihm gehorsam sein, das verstehe ich so: dem Gehörten folgen. Das heißt doch nichts anderes, als sich in Mitleidenschaft ziehen lassen auf die Seite der Opfer.
Ein anderes Wort dafür ist Solidarität.
Und die ist bitter nötig.
Solidarisch sein heißt eben den Blick auf das Leiden anderer zu werfen, auch weil es unser eigenes Leiden vorwegnimmt.
Und das zeigt sich in der gegenwärtigen Zeitenwende. Damit meine ich nicht die unseres Bundeskanzlers gemeinte, sondern die der Klimakatastrophe. Die Auswirkungen sind unübersehbar.
Und wenn sich aus dem Gefühl der Ohnmacht heraus einige auf der Straße festkleben, sollten wir das nicht als Terror gegenüber den Steckengebliebenen unschuldigen zur Arbeit oder irgendwo hineilenden verstehen. Steckenbleiben im Stau tun Menschen sehr häufig, zum bevorstehenden Osterfest gewiss und da ist es scheinbar normal. Aber wenn es um das Innehalten in Anbetracht der Klimakatastrophe geht, ich weiß nicht, ob da noch ganz anderes erfolgen müsste als sich nur festzukleben.
Was heißt Solidarität? Doch Mitleiden, wenn wir die Menschen in Malawi im Schlamm versinken sehen. Es ist ein wahrer globaler Schlamm, der sich da vor uns auftut. An dem wir – wie leider schon oft erwähnt – mit unserer Art zu leben mitverantwortlich sind.
Und wenn eine Gesellschaft, ein Land wie unseres, letztlich auch unsere Kirche dieses globale Problem nur halbherzig angeht – vielleicht auch weil dahinter steckt – solange ich lebe, wird es schon irgendwie gehen – dann ist das im Grunde ein Ausdruck von Scheitern in Verantwortung für unsere Kinder und Enkel.
In Anbetracht einer gescheiterten Kirche und ihrer kraftlos gewordenen Worte hat Dietrich Bonhoeffer gesagt:
Unser Christsein wird heute nur in Zweierlei bestehen: Im Beten und im Tun des Gerechten unter den Menschen.
Und mit diesem Gedanken fühle ich mich ganz nahe an Jesus.
Nicht anderes hat er gelebt: Er hat sich nicht in Parlamente wählen lassen, ist nicht Superintendent oder Bischof geworden, sondern hat im Sinne des Priesters mitgelitten mit den Leidenden und nicht alle Welt wohl aber diesen und jenen geheilt an Seele und so auch an Leib. Das Tun des Gerechten ist das, was ich tun kann, so wie Jesus wenn ich ihn nicht als überhöhten Priester oder gar Gott inkognito sehe, sondern zunächst als das, was er unter den Menschen war: Ein Menschensohn.
Und als er vollendet war, ist er für alle, die ihm gehorsam sind, der Urheber des ewigen Heils geworden.
Für alle, die auf Jesus hören, bereit sind, mit seinen Augen in die Welt zu sehen, ist er, Jesus zum Urheber des Heils geworden.
Wer hören kann, wird auch fühlen. Und das mag ich so verstehen:
Wer die Worte Jesu, die Worte der Bibel hört, wird fühlen, wird mitfühlen mit anderen in Not geratenen. Mitfühlen, das ist er Anfang von Heilwerden.
Die Worte des Lebens heraushören aus den vielen Worten des Stumpfsinns und der Verblendung, das will ich mit dem Wort des Gehorsams verbinden und so Jesus an meiner Seite spüren.
Jesus hat die Worte Gottes gehört und gelebt, ist so mit Gott eins geworden, hat so den Tod überwunden.
Tod und Sprachlosigkeit überwinden, mit Heilwerden rechnen:
Ich denke noch einmal an Martin …. Und so stelle ich mir vor, wie sein Vater ihm gegenübersitzt, nein nicht so cool wie Herr Kohlhas, eben anders aber aufmerksam, seinem Sohn zuhörend. Und dann sagt er: Du Martin, es tut mir leid, was ich gesagt habe mit diesem blöden Satz: Wer nicht hören kann, muss fühlen. Den habe ich als Kind auch so oft gehört. Und er hat so weh getan.
Ich will dir nicht wehtun. Ich weiß aber, dass alles Tun Und auch Unterlassen Folgen hat.
Wir sollten einander zuhören und versuchen einander zu verstehen.
Was immer du aber tust, oder was ich tue oder versäume auch wenn wir es gegenseitig nicht billigen, trotzdem gehörst du zu mir und ich zu dir und wir müssen einen Weg finden.
Gestern Abend haben sie und manch andere vielleicht so miteinander gesprochen beim Schein der Kerze in der Earth Hour, der Stunde als alle Welt aufgerufen war, Licht auszuschalten und sich zu besinnen, was für die Erde, für das Klima und jeden persönlich jetzt dran ist. Amen.