Lesepredigten
7. Sonntag nach Trinitatis
Predigt zu Joh 6,30ff
Der Gottesdienst heute ist voll wundersamer Momente. Denn ist es nicht ein Wunder, wenn Eltern sagen, wir wollen, das unser Kind getauft wird, oder das gar ein 9 – jähriges Mädchen sagt: Ich will getauft werden oder das zwei Erwachsene mit einer Menge Erfahrung an Leben schließlich sagen: Wir wollen getauft werden.
Ja, ich finde es wunderbar. Es ist ein Wunder, wenn Menschen für sich einen Weg entdeckt haben und glaube zugleich, dass es irgendwie mit Gott zu tun hat. Vielleicht ist es ja der Geist Gottes, der in uns wirkt und manchmal eben so stark ist, dass Menschen zu neuen Einsichten kommen, ja zum Glauben.
Andererseits gibt es Momente, da kann ich gar nichts mehr glauben.
In der Erzählung vom Auszug der Israeliten aus ägyptischer Gefangenschaft ist es genau so: Sie haben nichts zu essen. Sie haben Freiheit und tödlichen Hunger. Die Nerven liegen blank.
Gott sieht und tut etwas. Es wirkt wie aus einem Märchen aus tausend und einer Nacht. Brot vom Himmel und alle werden satt.
Mit dem Brot kommt ihr Glaube zurück, der Glaube an Freiheit und Zukunft und an Gott.
Ganz ähnlich die Erzählung von der Speisung der Fünftausend.
Eine Menge Leute. Und Jesus spürte wohl gleich: Denen brauche ich nicht mit bloßen Worten zu kommen. Davon werden sie nicht satt.
Und er schaffte es irgendwie, dass alle satt wurden. Welch Wunder!
Doch es hielt in dem Fall nicht lange an. Am nächsten Tag suchten die Leute Jesus. Er war verschwunden. Wohin? Vielleicht ans andere Ufer des Sees, meinten einige. Und so fuhren sie mit Booten über den See und fanden ihn.
Aber nicht genug, dass sie am Tag zuvor seine Worte hörten und erlebten, wie es gehen kann, dass alle satt werden. Sie stellten Jesus zur Rede:
Gib uns einen Beweis für deine Bevollmächtigung! Lass uns ein eindeutiges Wunderzeichen sehen, damit wir dir glauben. Unsere Vorfahren aßen das Manna in der Wüste. In den Heiligen Schriften heißt es von Mose: ›Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.‹« Jesus entgegnete: »Ich versichere euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Das wahre Brot Gottes ist das, das vom Himmel herabsteigt und der Welt das Leben gibt.« »Herr«, sagten sie, »gib uns immer von diesem Brot!« 35 »Ich bin das Brot, das Leben schenkt«, sagte Jesus zu ihnen. »Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungrig sein. Wer sich an mich hält, wird keinen Durst mehr haben. Aber ich habe es euch bereits gesagt: Obwohl ihr meine Taten gesehen habt, schenkt ihr mir keinen Glauben.
Johannes hat es etwas kompliziert ausgedrückt.
Aber so war es damals und so ist das bis heute. So richtiger Glaube stellt sich wohl nur durch Wundererfahrungen ein.
Und von Wundern ist in Bibel reichlich zu lesen nur scheinbar in unserer Wirklichkeit reichlich wenig zu spüren.
Allein im Johannesevangelium lassen sich rund um den heute zu lesenden Text Wundererzählungen finden: Jesus heilt den Sohn eines königlichen Beamten, dann heilt Jeus einen Gelähmten am Teich Betesda, schließlich geht Jesus über das Wasser.
Wenn man das erlebt hat, muss man doch glauben!
Umgekehrt, wenn man nicht glauben kann braucht es doch Wunder!
Und wenn es keine Wunder mehr gibt, verliere ich den Glauben.
Und Wunder werden dringend gebraucht.
In Gaza muss ein Wunder geschehen, sonst sterben die Menschen. Es reichen die Hilfstransporte und die Hilfsgüter von Flugzeugen abgeworfen nicht aus. Sie werden nicht satt. Und der Hass zwischen den einen und den anderen wird immer größer und ich mag nicht weiterdenken, wohin das führen wird.
Zwischen Russland und der Ukraine muss ein Wunder geschehen, sonst endet das Sterben nie.
Hier in unserem Land müssen Wunder geschehen, das Menschen wieder aufeinander hören, aufhören in den anderen die Bösen zu sehen.
Für die Sanierung der Bahn müssen Wunder geschehen.
All diese großen Wunder und gewiss zahlreiche kleinere Wunder in unser aller Leben wären jetzt dringend erforderlich.
Ja höre ich wieder einmal Gott: Du hast es neulich schon deutlich gesagt und ich habe es gehört.
Und? - so frage ich. Irgendwie stockt mein Gespräch mit Gott. Gott will mir nicht so recht antworten. Oder bin ich schwer vom Begriff?
Mein Blick fällt auf Elli. Ein 9jähriges Mädchen sagt: ich will getauft werden. Sie weiß vielleicht nicht alle Bedeutungen der Taufe aber das sie dazu gehören will, dass sie auf der Seite Jesu sein möchte, auf die Seite derer, die sich für die Welt und andere Menschen einsetzen, das weiß sie. (würde es wohl anders ausdrücken als ich aber hat eine Ahnung, warum sie das will).
Auf dieser Seite sind viele, das kann ich Elli und Euch allen sagen.
Auf dieser Seite, auf der Seite Jesu ist Elisabeth von Thüringen, die Landgräfin, die sich für die Armen aufopferte und an die ich letzte Woche erinnert habe, auf dieser Seite sind Martin Luther und Martin Luther King. Auf dieser Seite sind viele unsere Schwestern und Brüder in Tansania und an allen Orten der Erde, die einander helfen und stärken. Auf dieser Seite ist Pippi Langstrumpf – übrigens 9 Jahre oder besser gesagt Astrid Lindgren mit ihren Hoffnung stiftenden Büchern, auf dieser Seite ist Paul Gerhard, der Liederdichter von damals und Gerhard Schöne, einer von heute um nur einige zu nennen. Und gewiss auch Udo Lindenberg und Herbert Grönemeyer und Bruce Springsteen und Andreas Meis und Goetz Wahl und – ja, ihr braucht Euch nur umzuschauen.
Wir sind viele. Wir sind Menschen, die angesteckt sind, aufgefordert, Wunder mit zu bewirken. Und wenn wir heute im Abendmahl das Brot in uns aufnehmen, nehmen wir Jesus in uns auf, der sagte, ich bin wie das Brot. Ja und wer Jesus in sich aufnimmt, der wird davon auch weitergeben wollen an andere -
den Glauben, die Hoffnung, den Frieden.
Und so geschehen Wunder immer wieder mitten unter uns.
So soll es sein. So wird es sein. Amen.