Lesepredigten
7. Sonntag nach Trinitatis
6. Sonntag nach Trinitatis
Predigt zu 1. Petrus 2,2ff
Mario und Jens, das waren die Fußballprofis in meiner Klasse. Wenn dann in der Sportstunde Fußball gespielt wurde, waren es diese beiden, die jeweils ihre Mannschaft zusammenstellten. Die beiden gingen im Kaffeebohnenschritt aufeinander zu und wer von beiden zuletzt keine fußgroße Lücke mehr hatte, durfte als zweiter wählen. Mir war´s egal, wer mich dann auswählte. Meist waren mein Freund Ralf und ich die letzten der Jungs, die in eine Mannschaft gewählt wurden. Wir trafen weder den Ball noch konnten ihn halten und es langweilte mich einfach, im Tor zu stehen.
Aber der Moment der Auswahl hat mich doch irgend betroffen gemacht. Irgendwie fühlte ich mich als Looser. Und solche Momente gab es immer mal wieder, in denen ich mich als Verlierer empfand. Im Grunde muss ja jeder damit rechnen und zurecht kommen, der sich irgendwie zu einer Wahl stellt.
Ganz anders, wenn man plötzlich vorgeschlagen und so erwählt wird. Und in solchen Momenten habe ich immer eine Art Vertrauensvorschuss und Ermutigung gespürt. Da rechnet jemand mit dir, setzt auf dich. Und dies wollte ich dann auch nicht enttäuschen, habe mein Bestes versucht.
Vielleicht kennen Sie das ja auch.
Ich denke, der heutige Briefabschnitt, der einst an eine heidenchristliche Gemeinde gerichtet war, wollte diese kleine Schar von Verzagten mindestens ermutigen. Denn sie waren von ihren jüdischen Geschwistern wegen ihres Christusglaubens beargwöhnt und von der Regierung bedrängt.
An sie ist dieser Brief gerichtet mit dem Kern: Ihr seid es, die erwählt sind von Gott. Ihr seid wie die Ecksteine ohne die ein Haus nicht gebaut werden kann.
Freilich ging es auch damals Ende des 1. Jahrhunderts um die Auseinandersetzung mit der jüdischen Gemeinde und so um die Frage, wer hier den richtigen Heilsweg beschreitet.
Wenn ich den Text heute lese, liegt mir dieser Gedankengang eher fern. Ich glaube, es gibt mehr als nur einen Heilsweg. Warum sollte Gott so eindimensional sein, zumal die Welt so vielfältig ist.
Mir geht es eher darum, diese Ermutigung heute zu erspüren. Es ist eine Ermutigung an Sie, Ech, mich, unsere kleine Gemeinde hier in Haldensleben unsere Kirche, die an vielen Stellen nur noch eine marginale Rolle spielt, auch wenn sich das viele kirchenleitende Menschen nicht eingestehen wollen. Aber wenn ich mich umschaue, wenn ich die Entwicklung der Dorfgemeinden sehe, wo mitunter nur drei bis fünf ältere Menschen noch in den Gottesdienst gehen, wenn ich sehe, das viele mit Kirche gar nichts mehr anfangen können, besten- oder schlechtestenfalls noch die Missbrauchsfälle mit Kirche in Verbindung bringen, so könnte ich resignieren und fragen, was solls, selbst wenn wir hier und heute doch eine gute Gottesdienstgemeinde sind. Das bestärkt mich auch. Aber mehr noch ist es, was mich bestärkt, beeindruckt, wo ich mich in die Pflicht nehmen lasse:
Es ist mein eigener Lebens- und Glaubensweg. Gewiss kann ich sagen, das waren alles zufällige Fügungen. Mag sein. Aber es hat für mich etwas mit Gott zu tun. Und heute bin ich durch den Petrusbrief daran erinnert, dass dieser mein Lebensweg irgendwie auch eine Erwählung war.
Mit meiner Taufe wurde ich erwählt, zunächst von meinen Eltern, die wollten, dass ich diesen Weg gehe und dann selbst entscheide, wie weit. Und so ist doch mit den meisten Christenmenschen. Eltern erwählen einen Weg für ihre Kinder in dem Vertrauen, dass sie zu Gott gehören.
Wie weit sie diesen Weg gehen, ist jeder und jedem überlassen.
Und heute stehe ich hier (könnte auch anders) will es aber gar nicht. Und Sie alle könnten jetzt auch zu Hause auf der Couch sitzen oder im Garten.
Aber Sie sind hier, weil Sie noch etwas erwarten, vielleicht selbst noch etwas wollen und sei es ein Gebet für andere, sei es ein Zeichen setzen, was auch immer, jedenfalls dem einst erwählten Weg weiter folgen.
Wir hatten Kinderbibeltage. Leichtsinnigerweise hatte ich zugesagt, noch einmal mitzumachen. Leichtsinniger Weise, weil doch so viel gerade noch vor mir liegt, ich diese Woche Pflegeheim und Klinikgottesdienste hatte. Aber ich wollte es, wollte noch einmal etwas von meinem Glauben mit Kindern teilen. Und da es um Lichtgestalten ging, habe ich von Elisabeth von Thüringen erzählt. ….
Was für eine Frau. Ein Mädchen sagte, das könnte ich nicht. Ja, sagte ich, dass vielleicht nicht, aber etwas anderes, irgendetwas für andere. Du kannst auch eine Lichtgestalt für andere sein. Versuch es, probiere es aus. Es ist großartig, wenn Du merkst, was du mit deiner kleinen Kraft doch bewirken kannst und sei es nur bei einem einzelnen Menschen.
Und so glaube ich, sind wir alle erwählt, etwas zu tun für diese Welt, für das Heilwerden, das Sichtbarwerden von Gottes Himmel.
Im Evangelium, das übrigens das Taufevangelium ist (nächste Woche wieder zu verlesen) ergeht der Auftrag in alle Welt zu gehen. Er erging zuerst an die Jünger Jesu. Und was das für Leute waren, wissen wir:
Es war nicht die Elite der damaligen Gesellschaft.
Es waren Fischer, es waren gar beargwöhnte Menschen, wie Zöllner, es waren gar Bettler, Hoffnungslose, die nichts mehr erwarteten, Prostituierte, am Rande der Gesellschaft stehende Menschen – sie hat Jesus zuerst angesprochen und die ihm folgten, sandte er aus.
Und da ist wohl Jesus in guter biblischer Tradition. Denn hat nicht Gott genau so gehandelt. Hat nicht Gott Menschen als Propheten berufen, die alles andere als dafür ausgebildet waren. Jeremia brachte kaum den Mund auf, seine Zunge war wie gelähmt. Und nicht zuletzt dieses Volk Israel, eines der kleinsten und unbedeutendsten Völker der damaligen Welt hat Gott erwählt. Ein Volk von Nomaden, nicht sesshaften Menschen. Und das zeigt, dass doch Gott eine Schwäche für die Schwachen hat.
Das zieht sich durch die ganze Heilsgeschichte hindurch.
Und die Erwählung durch Gott, durch Jesus, überhaupt Erwählung ist nicht einfach irgendein Privileg, verschafft keine Vorteile, keine Plätze in der VIP Lounch, Erwählung bedeutet Beauftragung. Und mit einer Beauftragung, mit dem Zutrauen etwas zu bewirken, wachsen Menschen über sich selbst hinaus.
Und auch davon ließe sich erzählen. Simon Petrus ist beredtes Besipiel, gar Paulus, der Apostel und viele andere.
Irgendwie fühle ich mich mit Ihnen und Euch auch dazu gehörig, zu den erwählten, ja berufenen, die Botschaft weiter zu tragen.
Nun wage ich nicht, Überlegungen anzustellen, ob Jesus Fußballfan wäre, ich glaube aber, er hätte keine Probleme auch Nicht-Fußballspieler wie mich in sein Team aufzunehmen. Vielleicht hätte er eher eine Schwierigkeit andere verlieren zu lassen, was ja beim Fußball irgendwie dazu gehört, wie erst in dieser Woche zu erleben war. Ich glaube Jesus will das alle gewinnen und niemand zu den Verlierern gehört.