Auf ein Wort / Lesepredigten
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Predigt zu 2. Kor 4, 14-18
Liebe Gemeinde!
Da begegnen sich zwei Sachsen und der eine erzählt gleich los, wie schlecht es ihm geht …
Nach einer Weile sagt der andere: "Na frache mich ma, wie´s mir geht!"
"Na, wie geht’s dir denn", fragt der Angesprochene.
Und der andere: "Ach frache nisch!"
Und wie geht es Ihnen? Soll ich lieber nicht fragen?
Würde ich Paulus fragen, so wüsste ich nun seine Antwort:
auch wenn ich äußerlich verfalle, so werde ich doch innerlich immer wieder erneuert. Und das gilt doch für alles sichtbare der welt.
Darum schaue ich lieber auf das Unsichtbare, das ewige über alle maßen Herrliche.
Und da möchte ich frage, wie kommst Du denn darauf?
Und Paulus würde mir seine Geschichte, ja vielleicht zuerst die Geschichte seines Volkes erzählen.
Sie waren gefangen im Tal der Könige. Sie mussten die Grabanlagen für die ägyptischen Könige bauen. Und die zeiten wurden immer schwerer, sie hatten schon lange keinen oder nur ganz geringen Lohn bekommen, kamen kaum über die Runden bis einer sagte: Lass und fortgehen. Flucht? Ja nenne es so. ich nenen es Auszug aus diesen ungerechten menschenverachtenden Verhältnissen.
und wie sollen wir das schaffen, wie unbemerkt zwischen Abendessen und dem nächsten Morgen verschwinden, ohne dass es die Wachen sehen?
Wir backen schnelles Brot. Ohne Sauerteig und dann gehen wir.
Und so gingen sie, zogen aus in ein unbekanntes Land.
Und diese Geschichte kennt in Israel jedes Kind. Und sie wird immer wieder erinnert. Sie wird von Vätern den Kindern erzählt am Passahfest, das nächste Woche gefeiert wird. Und seit Jahrhunderten wird es gefeiert als ein Fest des Aufbruchs, des Auszugs. Es wird erinnert und Gott wird gefeiert, der bei ihnen war in größter Not.
Dieser Erinnerung ist unsere, ist der erste Teil meiner Geschichte, würde Paulus sagen.
Und der zweite Teil ist mein eigener Aufbruch als ich erkannte, wer ich bin und das keine Macht der Welt, weder der Kaiser in Rom, noch irgendein Statthalter und auch nicht der Tod mich beherrschen kann.
Und ich habe es wie einst die Israeliten nicht erkannt, als es mir gut ging, als ich auf der Terrasse meines Hauses saß und mir ein Sklave den Wein brachte. Ich erkannte es, als ich unterwegs war, auf Irrwegen und nicht wusste, wofür ich als Offizier eigentlich kämpfte und was ich da eigentlich tat.
Und auf meinen fragenden Blick hin würde Paulus sagen: Vielleicht erst dann, wenn Du selbst in einer Krise bist, möglicherweise deiner Kräfte beraubt, schwach und ohnmächtig, dann kann, dann wird es dir widerfahren – vielleicht wie mir.
Du wirst die Dinge neu sehen, wirst aus Blindheit das Licht sehen, wirst erwachen, wirst aufstehen und neun losgehen.
Das klingt weit hergeholt?
Das klingt zu fromm?
Das klingt wie der Ratschlag alter weiser Männer?
Mag sein.
Aber höre die Lieder, die Ihr singt.
Wer hat sie geschrieben?
Diese Worte von Paul Gerhard die seit Jahrhunderten gesungen wurden, die sind ihm nicht im Liegestuhl eingefallen, die sind ihm zugefallen in Zeiten der größten Not.
Das Halleluja von Georg Friedrich Händel, das ist ihm nicht bei einer Bootsfahrt auf der Themse oder beim Anblick edler Damen in den Sinn gekommen, es kam aus seinem Herzen, nach erlittener fast tödlich endender Krise.
Das Halleluja als Lobpreis floss ihm aus der Feder, weil er plötzlich selbst die Auferstehung spürte.
Flugzeuge in meinem Bauch – nein nicht von Händel, sondern von Grönemeyer – nie hätte er diesen großen Song schreiben können ohne die Erfahrung verlorener Liebe. Ohne die Erfahrung des Verlustes – nie hätte er all diese Lieder schreiben können. Elton John – nicht anders. In schlimmster Lebenskrise entstanden die größten Hits – Alkohol, Drogen, Exzesse jeder Art, hat er seit über zwanzig Jahren hinter sich gelassen und aus der überwundenen Krise heraus schönste Lieder der Welt geschenkt.
Natürlich liebe Gemeinde bin ich jetzt weiter über das hinaus gegangen, was Paulus wohl gesagt hätte auf meine Frage, wie er zu einem Lobpreis kommt.
Aber mich hat er angesteckt damit. Wenn ich auch in vielem nicht mit Paulus einfach übereinstimmen kann, so doch mit diesem grundsätzlichen Gedanken, dieser Erfahrung: alles kann sich wenden – nicht einfach von allein, sondern es muss in mir beginnen.
und ich glaube, dass Gott dafür einsteht, dass Gott will, dass sich mein inneres immer wieder erneuert, Gott an an meiner Seite ist.
Diese Erfahrung verbindet mich mit Paulus und sie verbindet mich mit den Juden die mit dem Nischmat – Gebet aus der Liturgie zum Passahfest ein Lob auf die erneuernde Kraft Gottes ausdrücken.
So beten sie:
„Alles, was atmet und lebt, preise deinen Namen, Ewiger, unser Gott; Jedes Wesen aus Körper und Geist verherrliche und erhebe deinen Ruhm.
Du bist Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Außer dir haben wir niemanden, der über uns regiert.
der uns erlöst und hilft, rettet und befreit,
der uns antwortet und sich unser erbarmt.
Zur Zeit der Not und der Angst haben wir niemanden, der sich für uns verantwortlich weiß, als dich,
niemanden, der uns hilft und uns stützt, außer dir,
du Gott der ersten und der letzten Dinge,
Gott aller Geschöpfe, Gott aller Generationen,
dir wird auf vielfältige Weise Lob gesungen,
du lenkst den Lauf der Welt in Güte und deine Geschöpfe in Erbarmen.
Ia, du, Gott, schläfst und schlummerst nicht.
Vielmehr lässt du die Schlafenden erwachen und weckst die Eingeschlafenen
Du lässt Stumme sprechen und machst Gebundene frei.
Du stützt die Fallenden und richtest Gebeugte wieder auf.
Dir allein gebührt unser Dank.« *)
Amen.
*) Pessach-Haggada, zit. nach: Shire/ Boeckle