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Predigt zu 1. Könige 19, 1ff
Würden Sie einen wie Wladimir Putin in ihrem Haus Unterschlupf gewähren, wenn er plötzlich gestürzt werden würde und fliehen müsste – so wurde Jan Josef Liefers in der mdr-Talkshow gefragt. Anlass war Liefers Film über Honeckers, die nach ihrem Sturz im Hause des Pfarrers in Lobetal Asyl bekamen.
Ich weiß nicht, wie nun Liefers geantwortet hat.
Diese Frage aber, wie gehe ich mit einem Menschen um, der seinerseits alle Menschlichkeit hat vermissen lassen, der aus fanatischer Überzeugung Schuld ist am Tod unzähliger Menschen kann man sich stellen, wenn man über den alttestamentliche Propheten Elija nachdenkt, was heute zu tun ist.
Da wird erzählt, wie er seine radikale Überzeugung, dass nur ein Gott anzubeten ist gegenüber Andersdenkenden und anders Glaubenden umsetzt. Unerbittlich hat er die Priester der Baalsreligion zunächst bloßgestellt und dann in den Tod geschickt, ja regelrecht abgeschlachtet.
Am Ende steht Elija allein da, im Grunde als gescheiterter.
So ist dann in unserem heutigen Predigtabschnitt von diesem Scheitern, vom Ende, vom Aufgeben einer Sache, von Flucht und Resignation die Rede.
Gerade noch sah es so aus, als trüge er den Sieg gegen die Baalspriester davon -
einen blutigen Sieg, denn er erschlug sie mit dem Schwert -
gerade sah es noch so aus, als sei er der Überlegene und schon muss er die eigenen Grenzen, die Ohnmacht spüren.
Er muss erleben, dass plötzlich keiner mehr zu ihm steht, dass er den politisch Mächtigen im Wege ist, allen voran der nichtjüdischen Königsfrau Isebel.
Isebel fühlt sich bedroht und droht ihrerseits dem Gottespropheten Elija mit dem Tod,
und so berichtet es das 1. Buch der Könige
V3-5a
Elija - er fühlt sich von Menschen und schließlich auch von Gott verlassen, er fühlte sich am Ende.
Der Prophet, so hat der Dichter W. Willms geschrieben
hatte es satt
was hatte er satt
das leben hatte er satt
und er hatte die mächtigen satt
und er hatte die frommen satt
die ihn im Stich ließen
die frommen
die in den Tempel liefen
und gott und gott und gott sagten
und es dabei beließen
und dann lief dieser Elija weg
in die einsamkeit
in die wüste
und
er legte sich hin
unter einen strauch
auch gott hatte er satt
Mein Gott, warum hast du mich verlassen - kam mir in den Sinn-
so Jesus am Kreuz von Golgatha: Symbol des Scheiterns
Wer hat es nicht schon gespürt dieses Kreuz?
das Gefühl am Ende zu sein
am Ende mit den eigenen Kräften
am Ende mit Worten
am Ende mit den Gefühlen für einen anderen
am Ende auch wegen eigener Schuld
nachdem man alles unternommen hat um den anderen zu überzeugen, zu gewinnen, um eine Beziehung aufrecht zu erhalten
um etwas wieder gut zu machen
und dann ist doch nichts mehr zu machen
Wenn ich nicht mehr an Veränderung glaube, nicht mehr glaube, dass da wieder etwas gut werden könnte,
dann überkommt mich Trauer, Verzweiflung, Depression, dann ziehe ich mich zurück
in meine Ecke, in mich selbst,
so wird es hier von Elija erzählt.
Dieses zurückziehen ist ein Weg nach Berscheba in die äußerste Ecke des Landes, aber nicht genug, von da in die Wüste,
die Einsamkeit, die Leere -
die Leere, die dann in mir ist (es ist dann in mir wüst und leer)
Elija ist an einem Punkt, wo nach menschlichem Ermessen alles zu Ende ist und da hinein kommt etwas.
V 5b-8
da kommt etwas, wo alles zu Ende scheint,
Versagen und Schuld mich an die eigenen Grenzen drückt,
da führt Gott die Sache weiter, auf seine Weise, mit einfachen Mitteln:
Brot und Wasser stellt da einer hin
Da kommt etwas, beschreibt der Dichter Wilhelm Willms in seinem Elija-Gedicht:
Ja, etwas
die bibel sagt
ein engel
das sagt die bibel immer
wenn sie nicht weiß
wioe sie sich ausdrücken soll
wenn sie nicht richtig sagen kann, woher etwas kommt
also ein engel
beugte sich über elija
stieß ihn an
und sagte
steh auf
elija
du bist kein mensch
der sterben darf
komm iß und trink
Das kennen wir, nach einer lähmenden Krankheit ist das Essen ein Zeichen der Besserung.
So ist es auch nach einem Streit, nach einer Entfremdung oder wenn man sich noch fremd ist:
Wir essen gemeinsam, zunächst kauen wir schweigend, dann finden sich Worte.
So ist das unter uns, die wir ganz verschieden sind, jeder mit seiner Geschichte.
Auch darum gibt es diesen Tisch mit Brot und Wein
Zum Erleben von Gemeinschaft,
zum Ahnen von Versöhnung und Vergebung
und von Auferstehung
V8: Da stand Elija auf, aß und trank und wanderte durch diese Speise gestärkt vierzig Tage und Nächte bis zum Gottesberg Horeb.
Der Weg auf den Berg ist es, und es ist mitunter ein langer, ein mühsamer Weg aus dem Tal heraus, aber er ist nötig, denn im Tal habe ich nur einen begrenzten Blick, da fehlt eine Sicht für andere Wege, für andere Möglichkeiten.
Was Elija anbelangt, brauchte es diesen langen Weg für die Einsicht der Schuld und der Erkenntnis, wie Gott ist.
Dort am Horeb kam Elija in eine Höhle und wollte übernachten. Da vernahm er Gottes Rede an ihn:
Was willst du hier, Elija? Heraus! Geh hinauf auf den Berg vor mein Antlitz! Und da, vorüberfahrend Er, ein Sturmbraus groß und heftig, Berge spellend, Felsen malmend, her vor seinem Antlitz …
Er im Sturm nicht - und nach dem Sturm ein Beben:
Er im Beben nicht – und nach dem Beben ein Feuer:
Er im Feuer nicht – aber nach dem Feuer
eine Stimme verschwebenden Schweigens.
So ist es übertragen in der Übersetzung von Martin Buber und Franz Rosenzweig.
Es ist ein Erkennen Gottes. Nämlich Gott ist hier kein Sturm-, kein Erdbeben-, kein Feuergott der mit Gewalt richtet,
vielmehr ein Gott, der kaum zu spüren aber präsent ist auf eine Weise, die die Seele anrührt – kaum auszudrücken mit einem deutschen Wort – Gott in einer Stimme verschwebenden Schweigens
Gott, der so diesen von Schuld und Versagen belasteten Elija anrühren will durch einen Engel, mit Brot und frischem Wasser und einer Gegenwart die hinter allem anderen Wahrnehmbaren ist.
So glaube ich, wirkt Gott unaufhörlich in unserer Welt
und will mir und jedem sagen: wo du versagt und Schuld auf dich geladen hast, was immer dich belastet, lass es zurück, steh auf und geh!
Und so weiß ich, so glaube ich: Er wird mir immer wieder Brot und frisches Wasser hinstellen und mich anrühren auf die eine oder andere Weise_
durch einen Engel.
Wirst du für mich
wird ich für dich ein Engel sein?