Auf ein Wort / Lesepredigten
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Predigt zu Micha 4, 1-4
Wochenspruch:
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott. Micha 6,8
Der Wochenspruch über dieser Woche spricht davon, was unser Menschsein ausmacht und zugleich bestimmt gerade in diesen Tagen das gegenteilige Verhalten unsere Nachrichten.
Darum kann ich heute nicht einfach an der üblichen Predigtreihe festhalten. Ich muss mich mit der aktuellen Situation und dem, was sie mit mir und mit uns macht auseinandersetzen.
PREDIGT: Mi 4,1-4
1 Deine Worte helfen mir nicht
Liebe Gemeinde, für den vergangenen und diesen Sonntag sollte ich je einen Artikel zum Wochenspruch an die Kirchenzeitung Glaube und Heimat schicken.
Da der Redaktionsschluss dafür bereits Anfang Oktober war, musste ich das noch vor unserem Urlaub erledigen.
So dachte ich über das Wort vom Heilwerden aus Jesaja 12,14 nach und über das was gut ist und Gottes Willen entspricht, dem Wochenspruch für diese Woche.
Als ich das schrieb, ahnte niemand, dass am 7. Oktober die Hamas Israel überfallen würde.
So schrieb mir ein Freund: ich brauche schon ziemlich viel innere Gegenwehr, um, dem Eindruck, die Welt stehe vor einem Abgrund, zu widerstehen. Leider hat mir da dein Artikel auch nicht weiter geholfen, denn von Gottes heilvoller Wirklichkeit kann ich gerade nichts entdecken.
Ja, das kann ich gut verstehen. So wird es wohl vielen gehen und es gibt auch keine einfachen Erklärungen oder gar Lösungen und Heilsversprechen sind da wohl erst recht nicht hilfreich.
Und wie wird es erst den Betroffenen selbst gehen?
Woran können sie glauben, wenn ein geliebter Mensch plötzlich tot ist, masakriert, ermordet. Wie geht es jenen, die ihre Kinder auf den Jeps der Hamas sehen und deren zynische Kommentare lesen,
die gar sehen müssen, dass in Berlin auf manchen Straßen der Tod von Menschen gefeiert wird?
Wie es ihnen geht, wie sie fühlen, lässt sich von mir nur erahnen, erst recht wenn ich höre und lese, das ist das Schlimmste seit Auschwitz, das uns passiert. Und sie sich fragen, haben Juden noch einen sicheren Ort auf der Erde?
Und so ist in all dem Leid, dem vom 7. Oktober, dem von all den Todestagen der letzten Jahre, den Todesjahren in Auschwitz nur klagend zu fragen: Wo bleibt dein Heilshandeln Gott?
2 Ich bin nicht allein mit meiner Angst, meinen Sorgen, meiner Ohnmacht
Ich las von Winnie Pooh, dem Bär und seinem Freund dem kleinen Ferkel.
"Ferkel?", fragte Puuh.
"Ja?", sagte Ferkel.
"Ich habe Angst", sagte Puuh.
Einen Moment lang herrschte Schweigen.
"Möchtest du darüber reden?", fragte Ferkel, als Puuh nichts weiter zu sagen schien.
"Ich habe einfach solche Angst", platzte Puuh heraus.
"So viel Angst. Denn ich habe nicht das Gefühl, dass die Dinge besser werden.
Wenn überhaupt, habe ich das Gefühl, dass es schlimmer werden könnte. Die Menschen sind wütend, weil sie so viel Angst haben, und sie gehen aufeinander los, und es scheint keinen klaren Plan zu geben, wie man hier herauskommt, und ich mache mir Sorgen um meine Freunde und die Menschen, die ich liebe, und ich wünsche mir so sehr, dass ich sie alle in den Arm nehmen könnte, und oh, Ferkel!
Ich habe solche Angst, und ich kann dir nicht sagen, wie sehr ich mir wünsche, dass es nicht so wäre."
Ferkel blickte nachdenklich in den blauen Himmel und hörte seinem Freund zu.
"Ich bin hier", sagte er schlicht. "Ich höre dich, Puuh. Und ich bin hier."
Einen Moment lang war Puuh perplex.
"Aber ... willst du mir nicht sagen, dass ich nicht so dumm sein soll? Dass es im Moment für alle schwer ist?"
"Nein", sagte Ferkel, ganz entschieden. "Nein, ich werde ganz bestimmt nichts von alledem tun."
"Aber -", sagte Puuh.
"Ich kann die Welt jetzt nicht ändern", fuhr Ferkel fort. "Und ich werde dich auch nicht mit Plattitüden darüber beglücken, dass alles gut werden wird, denn das weiß ich nicht.
"Was ich aber tun kann, Puuh, ist, dafür zu sorgen, dass du weißt, dass ich hier bin. Und dass ich immer hier sein werde, um dir zuzuhören und dich zu unterstützen und damit du weißt, dass du gehört wirst.
"Ich kann diese ängstlichen Gefühle nicht verschwinden lassen, nicht wirklich.
"Aber ich kann dir versprechen, dass du, solange ich noch Atem in meinem Körper habe, diese ängstlichen Gefühle niemals allein fühlen musst."
Und es war seltsam, denn noch während Ferkel das sagte, spürte Puuh, wie einige dieser ängstlichen Gefühle begannen, ihren Griff um ihn zu lockern.
Puuh dachte, er sei noch nie so dankbar gewesen, Ferkel in seinem Leben zu haben.
Text aus: Winnie the Pooh, A.A.Milne, gesehen bei Stefanie Höner
3 Das Bild von Gottes neuer Welt ist keine Plattitüde, sondern eine Option der Hoffnung
Und die lautet, und steht in ihrem wesentlichen Teil als Denkmal in New York:
In den letzten Tagen aber wird der Berg, darauf des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben. Und die Völker werden herzulaufen, 2 und viele Heiden werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinauf zum Berge des HERRN gehen und zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir in seinen Pfaden wandeln! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem. 3 Er wird unter vielen Völkern richten und mächtige Nationen zurechtweisen in fernen Landen. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. 4 Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken. Denn der Mund des HERRN Zebaoth hat’s geredet. 5 Ein jedes Volk wandelt im Namen seines Gottes, aber wir wandeln im Namen des HERRN, unseres Gottes, immer und ewiglich!
Gewiss ist das ein utopischer Text.
Diese Worte finden sich im Buch des Propheten Micha (und in etwas anderer Form auch bei Jesaja)
Mitten in Texten voller Kritik an den Mächtigen in Staat und Religion stehen diese Worte der Verheißung wie ein Fremdkörper.
Der Prophet nimmt kein Blatt vor den Mund: mit harten Worten greift er die Mächtigen an: sie beugen das Recht zu ihrem eigenen Vorteil, sie plündern andere aus und rauben wohl auch Menschen, Sie bauen Altäre für die Götter der militärischen Großmacht Assur All das kommt zur Sprache und auch die drohende Zerstörung: denn Gott wird das Unheil und den Irrweg nicht hinnehmen.
Auch das sind harte Worte, brutal wie die Realität.
Und daneben stehen diese Worte voller Hoffnung, diese großartige Friedensvision - wie ein Fremdkörper steht sie da – gefolgt von der Verheißung des kommenden Messias, der aus Bethelhem kommen soll – vielleicht stammen diese Hoffnungstexte auch aus späterer Zeit – aus der Zeit, als Hoffnung wieder und wurden in die Verkündigung des Unheils, in die Schilderung des Grauens im Michabuch eingefügt.
Und so stehen sie beieinander, die Schrecken, das Leid, die Zerstörung – und die Vision eines Friedens für alle –
Eines Friedens nicht durch Gewalt und Stärke – sondern durch Einsicht –
Dieser Text ist kein bloßes Trostpflaster, keine Vertröstung, vielmehr ein Wort, das durch die Jahrtausende Bestand und Kraft hat trotz oder gerade in Anbetracht all der Kriege, die sich ereignet haben, trotz oder gerade in Anbetracht Unzähliger, die durch das Schwert den Tod gefunden haben.
Was wäre jüdische, was wäre christliche Besinnung auf Gott, wenn diese Verheißung gestrichen werden würde? Es ist keine minderstarke Verheißung als die Auferstehung der Toten, denn es ist die Verheißung von Gottes neuer Welt. Und wenn ich nicht mehr dieser Verheißung glauben würde, so wäre mein Glaube zerbrochen, so würde ich Gott selbst in Frage stellen. Und das haben, soviel ich weiß, gläubige jüdische Menschen nicht einmal im Todeskampf von Auschwitz gemacht. Sie hielten an Gott fest.
So will auch ich an Gott festhalten.
Ich will danach schauen, wo etwas von Gottes heilvoller Wirklichkeit hindurch scheint.
Und dort wo ich es nicht mehr sehe, brauche ich einen Freund, eine Freundin, wie in der Erzählung von Winnie Pooh.
Um nicht allein zu sein, um einander zu stärken, um den gemarterten und trauernden beizustehen, darum ist unser heutiger Gottesdienst für mich unverzichtbar.
Und für all das unermessliche Leid, das sich abgespielt hat, ist über die Täter noch nicht das letzte Wort gesprochen. Auch dafür steht Gott ein.
So ist das Richten über die Taten der Völker und das Verschwinden aller Waffen wie es der Prophet Micha beschreibt, eine Option der Hoffnung. Eine andere habe ich heute nicht zu verkündigen.
Amen.
In der Trauer singen junge israelische Studenten, eigehüllt in die blau-weiße Flagge Israels „Hatikwa“ – zu deutsch: Hoffnung, die israelische Nationalhymne.