Auf ein Wort / Lesepredigten
21. Sonntag nach Trinitatis_2024
20. Sonntag nach Trinitatis 2024
Erntedank
18. Sonntag nach TRinitatis_2024
16. Sonntag nach Trinitatis
15. Sonntag nach Trinitatis_2024
14. Sonntag nach Trinitatis_2024
12. Sonntag nach Trinitatis_2024
10. Sonntag nach Trinitatis_2024
9. Sonntag nach Trinitatis_2024
Predigt zu Matthäus 13, 44-46
Liebe Gemeinde,
heute ist über nichts Geringeres zu predigen, als über das Himmelreich.
44 Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker.
45 Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte,
46 und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.
Das möge nun einem Menschen in Sachsen Anhalt nicht passieren, dass er einen Schatz im Acker finde, denn er könnte ihn nicht behalten, weil er dem Land gehört. Aber die Freude über einen gefundenen Schatz, die Freude über das Finden einer kostbaren Perle, die können wir dennoch alle nachempfinden.
Wir sind ja gerade umgezogen. Was sich da alles wieder anfindet, was längst verschollen geglaubt mag ich hier gar nicht alles aufzählen. Und ein echter Geldschatz war auch dabei: 250 EUR in einem Briefumschlag zur Silberhochzeit vor 5 Jahren von den Schwiegereltern tauchte plötzlich wieder auf!
Sensationeller natürlich ein echter Schatzfund: Beim Einräumen des Bücherregals fiel mir der Ausstellungskatalog über das Grab des Tutanchamun in die Hände. Es war eine grandiose Ausstellung.
Am 4. November 1922stießen die Arbeiter im Tal der Könige in Ägypten, im Grabareal von Ramses VI. auf eine steinerne Treppenstufe.
Die mit Schutt verfüllte Treppe wurde freigelegt und eine vermauerteTüröffnung mit unbeschädigten Siegeln wurde sichtbar. Mit diesem Fund war Howard Carter am Ziel seiner 20 Jahre dauernden Suche. Er fand das Grab des Tutanchamun, Sohn des Echnaton. Er entdeckte ein Grab mit vier Kammern gefüllt mit hunderten Gegenständen und dem Sarkophag des Pharaos aus purem Gold.
Abgesehen davon, dass, weniger bei Howard Carter, aber doch in vielen anderen Fällen mit nicht redlichen Mitteln wertvolle Funde ins Ausland geschafft wurden, abgesehen davon, dass auch im Falle des biblischen Gleichnisses es unredlich erscheint, dass in Kenntnis des Schatzes jener Finder den Acker kaufte, geht es doch in diesem Gleichnis weniger um den Finder oder den cleveren Kaufmann, als vielmehr um den Schatz und die kostbare Perle selbst.
Schatz und Perle wollen gefunden werden. Sie sind nicht auf den ersten Blick ersichtlich, sondern verborgen, ähnlich dem ägyptischen Königsschatz. Sie sind so wertvoll, dass jene Menschen viel einsetzen um sie zu besitzen.
Vom Einsatz, den ein Mensch erbringt, ist auch in den anderen Texten des heutigen Sonntags die Rede.
Umso länger ich über diese Texte und unser Gleichnis nachdachte, umso unbehaglicher wurde mir, umso mehr schien ich mich vom eigentlichen zu entfernen. Ich fragte mich: Stimmen denn die Bilder, in denen es um Erfolg, um Vermehrung des Besitzes, gar um in Besitz nehmen geht – sind diese Bilder für ein Verstehen dessen, was das Himmelreich ist, tauglich?
Zurück zu Howard Carter. Ich weiß nicht genau, was ihn alles angetrieben hat, über Jahrzehnte nach dem Grabschatz des Tutanchamun zu suchen. Gewiss gehörte dazu eine gehörige Portion Fanatismus, Besessenheit, Klugheit, Geduld, Wissen und vielleicht auch Eitelkeit. Carter hat nach dem Schatz gesucht, aber so glaube ich nicht zuerst um des Ruhmes willen. Er war überzeugt, dass er ihn finden würde und das es den Einsatz wert ist, aber nicht um den Schatz für sich in Besitz zu nehmen, um nur eigenen Gewinn heraus zu ziehen, sondern um diesen Schatz für die ganze Menschheit zu heben.
Menschen konnten durch diesen Fund etwas über jene Epoche der ägyptischen Hochkultur erfahren, konnten sehen, über welche erstaunlichen handwerklichen Fähigkeiten sie verfügten. Die Menschheit konnte erfahren, was jene Menschen 1300 vor Christus glaubten, was ihnen heilig war.
Archäologen, Philosophen, Religionswissenschaftler haben durch diesen Schatzfund quasi als Teil eines Puzzles herausgefunden, wie sich eine Hochkultur vom Vielgötterkult zum Monotheismus und wieder umgekehrt gewandelt hat. (Sie merken, wie ich selbst über diese großartige Entdeckung ins Schwärmen komme.) Es geht bei diesem Schatz längst nicht um den rein materiellen Wert, sondern das Wissen um das Werden und Vergehen von Kulturen, das die Menschheit so erlangt hat. Das Wissen, die Erkenntnis ist der eigentliche Gewinn.
Vielleicht ist das der Vergleichspunkt den ich auch bei dem Bild vom Schatz im Acker und der kostbaren Perle in Bezug auf das Himmelreich sehe:
Nämlich was ich von dem Schatzfund, vom Himmelreich habe.
Davon wird nun aber nichts erwähnt.
Vielleicht lässt sich das nur beantworten, wenn wir versuchen den Schatz zu heben und für alle Welt sichtbar werden zu lassen. Wie geht das? Ich glaube auf ganz verschiedene Weise können wir das tun und anderen zeigen, was das für ein Schatz ist, an dem wir hängen.
Dieser Schatz, das Himmelreich oder wie ich es für heute gut benannt finde: die neue Welt Gottes, von der habe ich eine Ahnung, habe ich etwas gespürt mein ganzes Leben lang:
Ich bin als Jugendlicher zufällig in eine Junge Gemeinde gekommen. Es war in den Jahren in denen es als jugendlicher Christ in der DDR nicht einfach war. Plötzlich war ich nicht allein wie in meiner Schulklasse. Da waren andere, die ähnlich wie ich dachten und glaubten, Hoffnungen und Trauer teilten, miteinander beteten, mit Fahrrädern unterwegs waren, Kinderkirche verantworteten und die JG sowieso (alles ohne Pfarrer) – und in der Wendezeit, als alles, was ich als Ingenieur aufs Reißbrett brachte schließlich doch nicht gebaut wurde, erschien mir das Engagement für eine Kirche in einem Land des Aufbruchs so sinnvoll, das ich noch einmal studierte. Von den himmlischen Momenten während des Studiums, den Erkenntnissen und der Gemeinschaft könnte ich eine eigene Predigt halten.
Zurück zum heute und Jetzt:
Ich erlebe Menschen, die diesen himmlischen Schatz suchen. Menschen in vielen Gemeinden sind dabei, neue Formen zu finden um andere anzusprechen.
Beredte Beispiele in unserer Gemeinde erlebte ich jetzt gerade wieder mit unserer Gemeindefahrradtour oder erlebe ich im Zusammensein nach dem GD im Kirchencafé.
Christen setzen sich ein für Mitmenschlichkeit, für gelingendes Leben, für Frieden, für Gerechtigkeit, für die Bewahrung der Schöpfung. Zumindest haben wir das auf unsere Fahne geschrieben. Oft ist das alles noch verschüttet, oft haben wir nur eine Ahnung, wie das aussehen könnte, wie es wäre, wenn wir konsequenter und kraftvoller wären. Aber es gibt hier und überall in unserer Kirche Menschen, die jener inneren Ahnung folgen, die graben und suchen und viel einsetzen im Vertrauen darauf, dass etwas Gutes herauskommt.
Wo Kirche nicht zum Selbstzweck wird, sondern für andere da ist in eben diesem Sinn, da wird etwas vom Himmelreich sichtbar, glänzend wie ein Schatz, kostbar wie eine Perle.
Ich glaube, wir sollten nicht zurückhaltend sein, sondern unsere Möglichkeiten unsere Gaben und Talente einsetzen, diesen Schatz kraft unseres Glaubens heben, ihn aller Welt präsentieren wie den Schatz des Tutanchamun, so dass andere ins Staunen kommen, vielleicht ins Fragen, möglicherweise ins Teilhaben.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus unserem Bruder. Amen.